Im ersten Teil der Serie ging es um „das Podcast-Fieber“ und „Always On – Radio ist überall“. Jetzt geht es um Beispiele, wie und wieso Radio- und Audio-Content immer wichtiger für Marken und Werbung werden.
Radio wird Audio – und die Nutzer gehen mit
Aus Radio wird Audio, das Gerät ist nicht länger relevant. Entscheidend sind Inhalt und Empfang. Unter dem Begriff Audio wird das gesamte Angebot dessen, was man analog und digital nutzen kann, zusammengefasst. Parallel dazu ist der Begriff „Generation Kopfhörer“ entstanden: Menschen verbinden sich per Kopfhörer mit einem Smartphone oder Tablet, kommunizieren und konsumieren. In dieser permanenten Ansprechbarkeit liegt die Chance für Werbungtreibende, die Audio nutzen wollen.
„Radio ist als Tool für Branding komplett unterschätzt, obwohl die Hörer ihren Sender selten wechseln und eine enge, nahezu freundschaftliche Beziehung zu ihm pflegen. Der menschliche Faktor bei Radio wird noch lange eine Rolle in der Hörergunst spielen“, meint Markus Kühn. Er ist zusammen mit der Ex-MTV-Managerin Mona Rübsamen Gründer und Geschäftsführer von Flux FM, einem unter anderem als „beste Radiostation der Welt“ preisgekrönten Radiosender. Um die Hörer wirklich da zu erreichen, wo sie sich digital und real aufhalten, hat FluxFM mehrere Touchpoints eingerichtet, dazu gehören eine App, mehrere Podcasts, eine Eventlocation. „Das Smartphone ist das zentrale Endgerät und die Steuerungsanlage. Mobile Angebote begleiten unsere Hörer durch den Tag“, so Markus Kühn weiter. „Während TV dem Zuschauer das vermeintlich perfekte Bild vorgibt, triggert Radio Bilder im Inneren des Hörers, die stets viel persönlicher und bedeutungsvoller sind. Die Forschung zeigt, dass gerade das Nebenbeihören, die Aufnahme der Botschaft über das Unterbewusstsein, die Einstellung des Konsumenten zur Marke nachhaltiger beeinflusst als die bewusste Wahrnehmung der Werbebotschaft.“
Die neuen Werbeformate sind genau so flexibel wie das Audio-Medium, in dem sie stattfinden. Vom klassischen Jingle über kuratierte Sendungen bis zu eigenen Apps zeigen sich Unternehmen und Audioproduzenten enorm flexibel, auch in der Anpassung der Werbung an den Kontext.
Programmatic goes Audio
Audio-Werbeplätze automatisiert und datenbasiert ein- und verkaufen, wie Display-Werbung: Das geht. Die technologischen Hürden sind bewältigt, durch die digitale Audio-Nutzung liegen die notwendigen Daten vor und 2017 gilt bereits als das Jahr für Audio Programmatic. Im vergangenen Jahr hat die Agentur Zenith gemeinsam mit Das Örtliche eine Kampagne in Deutschland gelauncht, bei der zehn unterschiedliche Spots an verschiedene Zielgruppen ausgeliefert wurden.
Im März sorgte eine Kooperation zwischen Spotify und dem Outdoor-Anbieter North Face für Schlagzeilen, bei der Geotargeting zum Einsatz kam: North Face veröffentlichte exklusiv mit Spotify einen Song der Band White Denim, in dem Regen eine Rolle spielt. Der Song wird nur denjenigen Hörern angeboten, die sich in einem Gebiet der USA aufhalten, in dem es regnet. Kreation und Technologie verbinden sich und schaffen neue Erlebnisse.
Geräte sprechen, Werbung auch
Apples „Siri“ und Googles Assistant „OK Google“ auf dem Smartphone, Amazons „Alexa“ auf den Geräten Echo und Echo Dot: Die digitalen Sprachassistenten kommen. Ihr Vorteil: Bei der Bedienung bleiben die Hände frei. Auf Zuruf können sie Musik abspielen, die Smart-Home-Anlage steuern, Pizza und ein Taxi bestellen, Kontakte anrufen und vieles mehr. Die Aktivierung erfolgt per Sprachbefehl, was nicht verstanden wird, lernen die in der Software steckenden Algorithmen schnell dazu. Amazon zeigt bereits, wie Werbung im Echo funktionieren kann. Mit „Skills“ gibt es ein Angebot für Unternehmen: Sie können sich eigene kleine Apps programmieren (Skills), die dann in der Echo-App für die Nutzer verfügbar sind. Der private Taxiservice Uber, die Deutsche Bahn, Der Spiegel, Bild und Chefkoch sind Beispiele für Unternehmen, die bereits eigene Skills haben.
Auch der Technologie-Anbieter Teads nutzt Spracherkennungstechnologie. Das Unternehmen hat eine Video-Werbung für Desktop und Mobile entwickelt, die auf die Stimme des Nutzers reagiert und mit ihm interagiert. Wie geht das? „Einfach gesagt braucht man ein Video, eine Web-API und einen Chat-Bot, der bereits technologisch mit dem Werbungtreibenden verbunden ist. Über eine Videoanzeige, die wir als inRead ausliefern, platzieren wir einen Call-to-Action. Der User wird beim Abspielen des Videos aufgefordert, mit der Anzeige zu sprechen. Die Web-Schnittstelle leitet diese Anfrage dann an den entsprechenden Chat-Bot des Werbekunden, der eine Antwort zurück liefert“, erklärt Jonathan Lewis, Commercial Director EMEA, Teads Studio. Durch die Sprache wird dann gesteuert, was sich im Video ändern soll. „Prinzipiell kann der User mit der Anzeige sprechen und auch eine Antwort bekommen. Beispielsweise erhält er so mehr Informationen zu einem Produkt wie Preis, Größe, Verfügbarkeit oder in welchem Laden es erhältlich ist. Eine andere Option ist es, neuen Content angezeigt zu bekommen, wenn der User etwa „Mehr Details bitte“ sagt“, beschreibt Lewis die Anwendungsszenarien. Werbetreibende erhalten durch die sprachgesteuerte Interaktion mehr Daten und Einsicht darüber, was die User tun und wo ihre Interessen liegen.
Audio Branding bringt Marke und Gefühl zusammen
Wer bei „Yippie ja ja yippie yippie yeah“ intoniert und dabei automatisch an Hornbach denkt, spürt, wie gut Audio Branding wirkt. Ob die Fünftonfolge „Di-di-di-di-di“ der Telekom oder „Haribo macht Kinder froh…“: Jeder kann an sich selber feststellen, wie schnell er einen Klang, eine Stimme, eine Musik mit einer Marke verbindet. Dass diese Evergreens der Markenwelt so gut bei uns ankommen, ist kein Zufall. „Marken und Institutionen nutzen Audio Branding – und da am häufigsten Soundlogos und Jingles – meist in Kombination mit einer visuellen Präsenz. Das Ziel dabei ist, die Stärkung der Wiedererkennbarkeit und eine Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb“, beschreibt Alexander Wodrich, Managing Director von why do birds, einer Agentur, die sich auf Audio Branding spezialisiert hat.
Hinter Audio Branding steckt ein mehrstufiger Prozess aus der Markenentwicklung, bei dem die Markenpersönlichkeit, Positionierung, Werte, Historie und Botschaften in Klang übersetzt werden. Neben den Markenstrategen sind Musiker und Komponisten am Werk. Sie wissen, ob eine Stimme, Musik oder Klang und Klangfolgen für die gewünschte Markenaussage am besten geeignet sind und kombinieren die Töne entsprechend. „Wir können über die Wahl der Instrumente, Tonfolgen und Tonhöhen die Marke und mit ihr auch kulturelle und lokale Ausprägungen vermitteln“, so Alexander Wodrich.
Eine kürzere Version des Artikels ist mit dem Abschnitt „Audio-Branding bringt Marke und Gefühl zusammen“ in der Ausgabe 05/2017 von LEAD digital, dem Fachmagazin für Digital Business, erschienen.